On faithful guard – 100. anniversary of regimental monument of k.u.k. IR 28 in Puartis (Passo Lodin) – Carinthia Alps
Wo man mit Blut die Grenze schrieb….
Die Gebirgskette der Karnischen Alpen, die sich von Sillian, südlich entlang des Gailtales bis zur Fella im Kanaltal zieht, wo dann östlich die Julischen Alpen Anschluß finden, war im Ersten Weltkrieg Teil der Hochgebirgsfront. Unter außerordentlich schwierigen Bedingungen standen sich hier die Streitkräfte der Donaumonarchie und des Königreichs Italien im Kampfe gegenüber.
Da man nach der Neutralitätserklärung Italiens, das ja durch den Dreibund ein Verbündeter Österreichs war, einen Treuebruch nicht mehr ausschloß, begann man bereits vor der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn, unter dem Kommando von General Franz Rohr von Denta, mit dem Aufbau einer Verteidigungsline, unter anderem entlang der Gebirgsgrenze der Karnischen Alpen. Da die Hauptkräfte der k.u.k Armee auf den Schlachtfeldern in Galizien und Serbien unabkömmlich waren konnte diese Verteidigungslinie im Wesentlichen nur von Landwehr, Landsturm sowie Kärntner und Salzburger freiwilligen Schützen, verstärkt durch Gendarmerie und Finanzwachabteilungen notdürftig besetzt werden.
Als Italien am 23. Mai 1915 Österreich-Ungarn den Krieg erklärte, war Rohrs Verteidigungslinie gerade imstande, unter äußerstem Einsatz sämtlicher Kräfte die Reichsgrenze notdürftig vor italienischen Angriffen zu schützen. Auf Grund der Tatsache, daß Italien zu Beginn des Krieges trachtete vom Grenzfluss Isonzo und den daran anschließenden Karsthügeln aus einen Durchbruch nach Triest zu erzielen, kam es an der Kärntner Front seitens Italiens zu keinen größeren Offensivbewegungen. Obgleich in diesem Zusammenhang die schweren Gefechte im Gebiet des Plöckenpasses, der ja auch eine wichtige strategische Einfallspforte für die Italiener darstellte, nicht unerwähnt bleiben dürfen. Dadurch gelang es der k.u.k Armeeführung durch heranführen nicht mehr benötigter Truppen von anderen Kriegsschauplätzen die Verteidigungslinie bis zur zweiten Hälfte des Jahres 1915 zu stabilisieren. Die italienischen Kampfoperationen an der Karnischen Front wurden mit denen an der Isonzofront koordiniert um die Österreichischen Truppen an die einzelnen Frontabschnitte zu binden, und dadurch ein Herausziehen möglicher Reserven zu verhindern.
Anfang Juni 1916 wurde das k.u.k. Infanterieregiment Nr. 28 unter dem Kommando von Oberstleutnant Praschak an die Karnische Front verlegt, und gelangte so in den Verband der 57. Gebirgsbrigade unter Generalmajor Freiherr Josef von Henneberg. Der dem Regiment aus Böhmen anvertraute Frontabschnitt zog sich im Westen beginnend vom Kleinen Trieb über das Zollner Törl, den Nölblinger Pass (Passo Lodinut), dem Gipfel des Findenigkofel zur Cima Val di Puartis und endete dann im Osten an der sogenannten Schulter im Bereich der Kordinalpe. Hierbei sei erwähnt, daß das Prager Regiment nur zu Beginn den Abschnitt von der Straniger Alm zur Schulter inne hatte, der später vom Steirischen Jungschützenbattalion unter Rittmeister von Lichem übernommen wurde. Im November 1916 verlegte das III. Battalion IR 28 von der Straniger Alm in den Zollnerabschnitt um dort das Landsturmbattalion 148 abzulösen, und übernahm damit zusätzlich den Kleinen Trieb und das Zollnertörl bis zum Lodinutpass. Das II. Battalion unter Major Meergans verblieb unverändert im Abschnitt Puartis – Findenigkofel.
Die „Prager Kinder“
Das k.u.k. Infanterieregiment Nr. 28 ergänzte sich seit 1817 aus Prag, der Hauptstadt des Königsreichs Böhmen, und aus Mittelböhmen (95% der Mannschaft) und hatte deshalb den Beinamen „Prager Kinder“. Im Zusammenhang mit seinem Einsatz an der italienischen Front stellt die Tatsache, daß der Ehreninhaber des Regiments seit dem Jahre 1900 der italienische König Viktor Emanuel III. war, ein interessantes Paradoxon dar.
Die Front, die im Hochgebirgsterrain auf bis zu 2000 m Seehöhe reichte, stellte die Soldaten aus Böhmen vor außerordentliche Herausforderungen. Sie waren sehr schnell gezwungen, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen, und so wandelte das Prager Regiment von einem Linieninfanterieverband zu einer gebirgstauglichen Truppe. In den nachfolgenden Wintermonaten bekamen dann die Soldaten des IR. 28 schmerzlich die Unbillen des Winters zu spüren. Hierbei erfuhren sie am eigenen Leib wie Frost, meterhohe Schneemassen und Lawinen einen nicht minderen Tribut an Opfern einforderte als feindliches Artilleriefeuer und Kampfhandlungen. Zu den Opfern des „weißen Todes“ zählte unter anderem auch der Kommandant der 57. Gebirgsbrigade, Generalmajor Freiherr Josef von Henneberg, der bei der Rückkehr von einer Erkundung im Zollnerabschnitt des Prager Regiments am 7. März 1917 durch eine Lawine im Nölblinger Graben den Heldentod fand.
Daß das Regiment allen seinen militärischen Herausforderungen ehrenvoll gerecht wurde, geht aus den anerkennenden Worten des Kommandanten der 94. k.u.k Infanterietruppendivision im Tagesbefehl vom 24.Juni 1916 hervor: “Ich konstatiere mit besonderem Vergnügen, dass die Offiziere und Mannschaften des Regiments mit grosser Schneid und Tapferkeit, mit viel Verständnis und Fleiss den ihnen zukommenden Dienst versehen. Nur weiter und dauernd so!“ Gen. Lawrowski, eigenhändig.
Auf treuer Wacht
Diese Anerkennung des Divisionskommandanten stellt nicht den einzigen Beweis der Bewährung der Prager Soldaten auf dem Karnischen Gebirgskamm dar. Dicht an der Frontlinie, unweit der Cima Val di Puartis, am Standort des Kommandos des II. Bataillons, haben die Achtundzwanziger ein steinernes Denkmal errichtet, das an ihren militärischen Einsatz erinnern sollte. Das Denkmal, ist mit einer Reliefplastik Kaiser Franz Josefs I. samt Inschrift „Auf treuer Wacht – II/28 Feldbataillon – 18. VIII. 1916“ versehen. Es wurde anlässlich des 86. Geburtstags S.M. des Kaisers feierlich enthüllt; dabei wurde vor dem Denkmal im Beisein von Offizieren und Mannschaften eine Feldmesse zelebriert.
Das Prager Denkmal ist heute eines der wenigen erhaltenen Mahnmale, die daran erinnern, daß auch hier, in dieser schönen und doch zeitweilig unwirtlichen Gegend, vor hundert Jahren ein grausamer Krieg getobt hat. Zum Andenken an die „Prager Kinder“ und zur Erinnerung und Hochachtung vor den Opfern, die hier Soldaten der verschiedensten Truppenkörper aus den unterschiedlichsten Kronländern der Monarchie während des Krieges erbracht haben, wurde eine Initiative zur Renovierung dieses Denkmals ins Leben gerufen. Das Denkmal liegt nahe der österreichisch-italienischen Grenze und ist durch die Koordinaten 46°35’47.00”N/13°6’37.17”E definiert. Heute führt der Karnische Höhenweg daran vorbei, der es Wanderern ermöglicht, entlang der alten Kriegssteige, von Sillian bis zum Naßfeld dem ehemaligen Frontverlauf zu folgen.
An die Tradition des kaiserlichen Prager Infanterieregiments Nr. 28 knüpft heutzutage ein militärhistorischer Verein – Der Traditionsverband des k.u.k Infanterieregiment Nr. 28 – „Prager Kinder“ an. Dieser Verein wurde 2006 zum Zweck der Erhaltung der ruhmreichen Tradition des historischen Prager Regiments gegründet. Die Schirmherrschaft hat seinerzeit SKKH Dr. Otto von Habsburg übernommen.
Der vom Verein geplanten Renovierung des „Prager Denkmals“ gingen umfangreiche Forschungen voraus. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Literatur und von Aufnahmen im Fotoarchiv konnte zwar die Existenz des Denkmals belegt werden, doch war weder sein genauer Standort, noch sein Zustand bekannt und ob es überhaupt noch existierte. Durch einen glücklichen Zufall kamen wir mit Herrn Torsten Steinwender in Kontakt, der die Kriegsgeschichte dieses Frontabschnittes seit einigen Jahren unter anderem im Kriegsarchiv Wien erforscht, und uns auf das Denkmal und seine Lage aufmerksam machte. Er war es auch, der den gegenwärtigen Zustand dokumentarisch erfasste, was für die Restaurierung unentbehrlich war. Im Jahr 2015 ist es dem Verein gelungen, auf eigene Kosten das Denkmal zu renovieren. Nachdem das Mauerwerk statisch gesichert worden war wurde die Aufschrift erneuert und das seit langem verschollene Bronzerelief Kaiser Franz Josefs I. wieder angebracht – die Kopie der Reliefbüste wurde von den Nachfolgern und Traditionspflegern der Achtundzwanziger aus Prag mitgebracht.
Dieses Mahnmal in den Alpen stellt das einzige bekannte bis heute erhaltene Denkmal des k.u.k. Infanterieregiments Nr. 28 dar. Heuer jährt sich seine Errichtung und Einweihung unweit der Cima Val di Puartis zum hundertsten Mal. Der militärhistorische Verein „Prager Kinder“ wird deshalb gemeinsam mit seinen Kameraden aus anderen militärhistorischen Traditionsvereinen und dem österreichischen Militärkaplan Dr. Longin, Emmanuel am 20. August 2016 am Fuße des Denkmals eine Feldmesse feiern. Im Rahmen dieser Feier soll dann das Andenken an unsere Vorfahren hochgehalten und für den Völkerfrieden und die Freundschaft zwischen den einzelnen Nationen die sich einst als Feinde gegenüberstanden gebetet werden.
Text: Michael Heres, Torsten Steinwender
Foto: Archiv Michal Zelinka – LIR8